DIE

ZUKUNFT

ALS

CHANCE

Wolfgang Eder

und Herbert Eibensteiner

im Gespräch

Herr Eder, wie schwierig ist denn der Prozess des Loslassens nach 41 Jahren?

Eder: Er ist für mich, und ich wundere mich da selbst ein wenig, erstaunlich undrama- tisch. Man muss einfach zur Kenntnis nehmen, dass es nach 41 Jahren im Unternehmen an der Zeit ist, das Steuer zu übergeben. An Jüngere, an Menschen, die neue Ideen ha- ben, die bessere Ideen haben. Ich gehe ohne Wehmut, ich gehe mit Gelassenheit und letztlich auch mit Freude. Denn ich weiß, dass dieses Unternehmen in guten Händen ist, da Herbert Eibensteiner und das Vorstandsteam Kollegen und Freunde sind, in die ich sehr großes Vertrauen habe – und hinter ihnen 52 000 engagierte Mitarbeiter stehen.


Herr Eibensteiner, Sie übernehmen das Steuer, das Herr Eder loslässt. Wie geht es Ihnen da zwischen Gefühlen wie Freude, Stolz und vielleicht Demut?

Eibensteiner: Es überwiegen eindeutig die Freude und der Spaß an der Aufgabe. Ich freue mich darauf, dass wir den Konzern mit seiner guten Basis kontinuierlich weiter- entwickeln und gemeinsam mit den Kollegen den eingeschlagenen Weg weiter umset- zen können. Wir wollen dort, wo wir erfolgreich sind, noch besser werden. Wir wer- den die Internationalisierung weiterführen, mit großem Ehrgeiz an neuen, innovati- ven Produkten arbeiten und die Digitalisierung vorantreiben. All das werden wir jetzt Schritt für Schritt konsequent umsetzen.


Wir sprechen hier im Blauen Turm, hier sitzt der CEO, hier ist die Schaltzentrale. Warum sitzt in Zeiten der Gleichberechtigung im voestalpine-Vorstand eigentlich keine Frau?

Eder: Der Hintergrund ist, dass wir im Bewusstsein der Menschen immer noch ein Konzern sind, den die Schwerarbeit als Symbol nach außen geprägt hat – auch wenn es längst nicht mehr so ist. Wir bemühen uns unglaublich, für Frauen, für Mädchen attraktiv zu sein. Aber wir sind halt ein Industrieunternehmen und haben trotz aller Bemühungen nur rund 14 % Frauen. Es gibt immerhin eine erste Frau in einem Divisi- onsvorstand, aber es wird noch ein erheblicher Weg zu gehen sein, bis auch im Kon- zernvorstand eine Frau vertreten sein wird, die Basis ist einfach noch sehr schmal. Am männlichen Willen im AG-Vorstand und im AG-Aufsichtsrat wird es mit Sicherheit nicht scheitern.


Damit sind wir bei den Mitarbeitern. Es sind sich alle einig, dass deren Qualität das Asset des Konzerns ist. Allerdings kämpfen alle mit dem Lehrlings- und Fach- arbeitermangel sowie der mangelhaften Qualität in der Ausbildung. Gehen Ihnen die qualifizierten Mitarbeiter aus?

Eibensteiner: Nein! Der war of talents ist ja längst da, das ist keine Neuigkeit. Die voe- stalpine hat ein perfektes Ausbildungssystem und bietet 35 verschiedene Berufsausbil- dungen an. Wir bekennen uns zur Ausbildung junger Menschen und werden die Lehr- lingsausbildung weiter aufstocken. Wir werden unsere Aus- und Weiterbildung noch besser darauf ausrichten, die Mängel der schulischen Ausbildung wettzumachen, wie z. B. beim Thema Digitalisierung. Auch die Aus- und Weiterbildung für Führungskräfte bauen wir aus. Und was wir intern nicht schaffen, vor allem im obersten fachlichen Qualifikationsbereich, das muss aus Kooperationen mit nationalen und internationa- len Universitäten, aber auch Fachhochschulen kommen. Damit bieten wir einerseits Anreize für Talente, zu uns zu kommen, andererseits gibt es uns die Möglichkeit, die Herausforderungen der Zukunft mit permanent wachsender Kompetenz im eigenen Haus zu meistern.

Eder: Die wichtigste Voraussetzung, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, ist letztlich der dauerhafte Erfolg des Unternehmens. Ein nachhaltig erfolgreiches Unternehmen tut sich auch – und gerade – in schwierigen Zeiten wesentlich leichter, die richtigen Mit- arbeiter zu finden. Erfolg macht auch hier attraktiv.


Trotz aller Appelle in Sachen Bildungspolitik müssen Sie im Unternehmen sehr viel tun für Ausbildung. Hat Ihnen niemand zugehört?

Eder: Jedenfalls nicht ausreichend, und wir reden inzwischen ja von 20 verlorenen Jahren, in denen bildungspolitisch primär ideologische Phantasien ausgelebt wurden. Das Thema wurde nie von Grund auf in die Hand genommen. Zuerst gehört geklärt, welche Werte wir vermitteln wollen, und dann die Frage nach den Themen der Zu- kunft gestellt. Das muss dann die Ausbildung bestimmen, um die jungen Menschen auf die Zukunft vorzubereiten.


Herr Eibensteiner, die Mitarbeiter, die zur voestalpine kommen, haben ganz an- dere, neue Vorstellungen vom Arbeitsleben. Mehr Freizeit, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Work-Life-Balance als Stichworte. Muss ein attraktiver Arbeitgeber auf all das eingehen, um gute Mitarbeiter zu bekommen?

Eibensteiner: Ich glaube schon. Wir haben hier in Österreich und auch in vielen ande- ren Ländern die gesamte Palette an möglichen Arbeitszeitmodellen im Einsatz. Damit sich junge Menschen für uns interessieren, damit ältere Mitarbeiter länger und gesün- der im Arbeitsprozess bleiben, damit Frauen Kinder und Beruf bestmöglich vereinen können. Es geht darum, dass Arbeit und Privatleben bestmöglich verbunden werden können. Ich bin sicher, dass das der richtige Weg ist.


Einen guten Arbeitgeber zeichnet also diese große Bandbreite an Angeboten aus. Was zeichnet gute, begehrte Mitarbeiter künftig besonders aus?

Eibensteiner: Die Leistung. Wenn Mitarbeitern Work-Life-Balance wichtig ist, bedeutet das ja nicht, dass sie nicht leistungswillig oder -fähig sind. Ganz im Gegenteil.

Eder: Wichtig ist uns da die Botschaft nach außen: Am Unternehmen werden künftige, noch flexiblere Arbeitszeitmodelle nicht scheitern. Die Arbeitszeit-Gesetzgebung setzt allerdings Grenzen, gemessen an den individuellen Wünschen vieler Mitarbeiter, sogar sehr enge Grenzen.


Wenn Sie noch mehr wollen als den flexiblen Zwölfstundentag, werden Sie sich nicht sehr beliebt machen.

Eder: Darum geht es nicht. Es passiert z. B., dass ich in der Früh komme und etwa IT- Experten gerade nach Hause gehen, weil sie lieber in der Nacht gearbeitet haben, weil da die Voraussetzungen vom Umfeld her besser oder sie einfach nur gerade gut drauf waren. Wer das will, sollte – womöglich – die Möglichkeit haben, das selbst zu ent- scheiden. Das Verständnis von Work-Life-Balance ist ein sehr individuelles.


Die Konjunktur schwächelt, die Prognosen für 2019 sehen nicht so gut aus. Herr Eibensteiner, müssen Sie als erste Tätigkeit als CEO den Krisenmodus aktivieren?

Eibensteiner: Ob Rückenwind oder Gegenwind – es ist die Aufgabe des Managements, die beste Performance zu liefern und sich rasch an neue Situationen anzupassen. Darin sind wir sehr stark, obwohl wir ein großer Konzern sind.


Nicht nur die voestalpine als Zulieferer, viele setzen auf das Elektroauto. Was macht Sie sicher, dass das wirklich die Zukunft ist?

Eibensteiner: Wir sehen die Elektromobilität als klare Chance. Zum einen gibt es da den politischen Willen, zum anderen die Anforderungen unserer Kunden. Wir stehen im permanenten Kontakt mit deren Entwicklungsabteilungen und werden unseren Teil dazu beitragen, dass unsere Kunden weiter mit hochinnovativen Produkten versorgt werden. Unsere hoch- und höchstfesten Stähle garantieren beispielsweise beste Crash- festigkeit und ermöglichen gleichzeitig gewichtssparende Bauweisen.


Aufsichtsratsvorsitzender Lemppenau hat gemeint, die Zeit, die kommt, ist nicht einfach – es wird eine Menge massiver Änderungen geben. Welche Änderungen meint er?

Eibensteiner: Z. B. muss sich Stahlerzeugung in den nächsten zehn Jahren auf einen Technologiewechsel vorbereiten, damit wir die CO2-Anforderungen der EU-Klimaziele mittragen können. Es gibt dazu noch keine bahnbrechende und wirtschaftlich tragbare Technologie. Daher gehen wir in Vorleistung und investieren in mittel- und langfristi- ge Forschungsprojekte, wie z. B. das Wasserstoffprojekt H2FUTURE oder das Projekt SuSteel, in dem wir die CO2-arme Stahlproduktion erforschen. Grundvoraussetzung für alle Aktivitäten ist jedoch, dass erneuerbare Energie in ausreichender Menge zu wettbewerbsfähigen Preisen bei den Verbrauchern zur Verfügung steht. Für die Bewäl- tigung dieser Herausforderung braucht es unternehmerische Vorleistungen und vor allem mutige und richtungsweisende Entscheidungen der Politik. Dramatisch verän- dert haben sich in den letzten Jahren auch die Handelsbeziehungen. Zwischen der EU und den USA, zwischen den USA und China. Das sind Herausforderungen, an denen wir uns orientieren müssen und an die wir uns anpassen müssen.

Eder: Ich sehe neben den kritischen Zukunftsaspekten aber auch durchaus positive. Neben der E-Mobilität stellt etwa auch die Digitalisierung eine große Chance dar und es gibt neue Bereiche wie das Additive Manufacturing, wo sich weitere Zukunftswel- ten auftun, die wir wahrscheinlich besser nutzen können als andere.

Eibensteiner: Sie haben ja bemerkt, wir sind, was die Zukunft betrifft, durchaus optimis- tisch und sehen vor allem Chancen. Was immer passiert, die Märkte bleiben interessant für uns. Die Welt ist nicht kleiner geworden, sie bietet viele neue Möglichkeiten.


Den Entwicklungen also permanent etwas voraus sein, geht es darum?

Eibensteiner: Genau, und das ist ja auch die klare Strategie des Unternehmens.


Das „Weg vom Stahl, hin zum Technologiekonzern“ war eine Art Kulturrevoluti- on. Was wird denn der nächste Quantensprung sein, sein müssen?

Eibensteiner: Es war sicher ein großer Schritt, sich vom reinen Stahlerzeuger in Rich- tung Technologiekonzern zu entwickeln. Und es gibt auch Bereiche, in denen wir noch stärker in das Thema Technologie einsteigen wollen. Der digitale Schienenweg z. B. ist ein großes Thema für uns, auch im Flugzeugbereich wollen wir uns weiterentwickeln, Additive Manufacturing steht erst ganz am Anfang. Da möchten wir uns nicht nur evolutionär weiterentwickeln, sondern auch mit höherer Geschwindigkeit.


Die Produkte müssen also noch intelligenter werden?

Eibensteiner: Ja, intelligenter und noch mehr vernetzt. Die Digitalisierung wird künf- tig ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal für uns sein, in der Produktion, in den Prozessen, aber auch im Servicebereich.


Die voestalpine ist ja zu einem guten Teil in Europa tätig. Vor allem im digitalen Sektor scheint es da wenige innovative Unternehmen zu geben, da spielt die Musik hauptsächlich in den USA und China. Verliert Europa zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung?

Eibensteiner: Ich gebe Ihnen recht, wir müssen die innovative Industrie stärken. Man soll Europa aber nicht unterschätzen. Wir haben die innovativste Industrie weltweit, getrieben auch von der Automobilindustrie. Wir müssen in Europa aber sicherstellen, dass von dieser innovativen Industrie nicht zu große Veränderungen in zu kurzer Zeit verlangt werden. Denn dies könnte uns den entscheidenden Vorsprung kosten. Europa ist ein riesiger Binnenmarkt, auch wenn Großbritannien vielleicht demnächst aus- scheidet – ich würde den Markt Europa nicht abschreiben.


Da sind Sie ja optimistischer als Herr Eder.

Eder: Nein. Ich warne nur immer davor, Europa schlechtzureden und so zu tun, als hätte Europa keine Zukunftsperspektiven – so ist es ja nicht. Der größte Fehler wäre jetzt, das einfach abzukupfern, was in den letzten 20 Jahren in Südkorea, China und den USA passiert ist, gleichsam das Heil Europas ausschließlich in der Welt des Inter- nets zu sehen. Diese Welt ist mehr als ausreichend besetzt. Wir sollten aber deren In- strumente konsequent nutzen.Wenn es uns gelingt, und da bin ich absolut auf einer Linie mit Herbert Eibensteiner, Künstliche Intelligenz und Digitalisierung zu verbinden mit der hervorragenden Hardware und Infrastruktur und vor allem dem Wissen, das wir Europäer im klassischen Industriebereich haben, dann sind wir unschlagbar. Euro- pa braucht mehr Selbstbewusstsein, mehr Glauben an seine Zukunft. Europa ist selbst stark genug, wir müssen nur so an uns glauben wie unsere Konkurrenten an sich, zumindest so!


Herr Eibensteiner, Sie haben das Thema Klimaschutz und Wasserstoff ja schon angesprochen. Die voestalpine ist umwelttechnisch ein Vorbild, trotzdem aber ein sehr großer Emittent – wie lässt sich das Problem lösen?

Eibensteiner: Wie schon gesagt, die entscheidende Technologie zur Stahlerzeugung ohne CO2-Ausstoß gibt es noch nicht. Aber wir arbeiten mit Hochdruck daran. Wir brauchen jedoch entsprechende Rahmenbedingungen, damit wir die Übergangsphase bewältigen können. Wir brauchen Zeit, um die Technologien zu erforschen, zu entwi- ckeln und dann industriell umsetzen zu können.


Es gibt Pläne, beim Emissionshandel den Preis je Tonne drastisch zu erhöhen. Was bedeutet das für die voestalpine?

Eibensteiner: Das ginge alles zu Lasten der Ergebnisse und wir würden die Möglich- keit verlieren, die Technologieumstellung längerfristig tatsächlich zu bewerkstelligen. Die EU muss sicherstellen, dass die Einnahmen aus dem Emissionshandel wieder in die Forschung und deren großindustrielle Umsetzung reinvestiert werden, z. B. in die Wasserstofftechnologie oder in leistbare erneuerbare Energie. Das wäre ein Schub für Forschung und Entwicklung. Wir sprechen in Europa über die Klimaziele, aber wir re- den nicht darüber, dass wir nicht genügend erneuerbare Energie zur Verfügung haben, wenn wir den Übergang zur Wasserstoffproduktion schaffen wollen. Wir schaffen es bisher nicht einmal, bestehende Netze in Europa gemeinsam zu nutzen, geschweige denn, neue gemeinsam zu bauen. Das ist ein europäisches Thema, es wird aber nicht darüber gesprochen.


Zu wenig Europa also.

Eibensteiner: Ja, in diesem Fall haben wir zu wenig Europa.

Eder: Wir haben dort zu viel Europa, wo wir es nicht brauchen, und zu wenig dort,

wo wir es für eine erfolgreiche gemeinsame Zukunft bräuchten.


Aufsichtsratsvorsitzender Lemppenau hat gesagt, die Wasserstoffpilotanlage in Linz könne darüber entscheiden, ob man in 20 Jahren noch Stahl in Europa ma- chen kann. Hängt die Erzeugung von „grünem“ Stahl wirklich an der leistbaren Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff?

Eibensteiner: Wenn wir bei der Stahlerzeugung die CO2-Emissionen in Richtung null bringen wollen, wird das ohne Wasserstoff schwer zu bewerkstelligen sein. Wenn Wasserstoff aus erneuerbarer Energie gewonnen werden könnte, dann würden wir damit eine neue Ära einläuten. Da reden wir aber von einem Zeithorizont bis 2050.

Eder: Meine persönliche Meinung ist, dass es in Europa in den heute absehbaren Zeit- räumen nicht möglich sein wird, Stahl völlig ohne CO2-Emissionen zu erzeugen, außer man steigt auf Atomstrom um.


Aus Strommangel?

Eder: Richtig, aus Mangel an Strom aus erneuerbaren Quellen. Alleine um die voestalpine auf Wasserstoff und ähnlich unproblematische Energieträger umzurüsten, bräuchten wir in Österreich zusätzlich 33 Terawattstunden Strom aus erneuerbarer Energie, das entspricht rund 30 Donaukraftwerken – 500 Terawattstunden wären es für ganz Europa. Wie das gehen soll, weiß ich nicht. Man wird also einen vernünftigen Kompromiss eingehen müssen. 70 – 80 % Reduktion bei CO2 im Vergleich zu 2005 sollten bis 2050 möglich sein. So viel verträgt dann auch das Klima.

Eibensteiner: Und die Politik muss die notwendigen Investitionen in erneuerbare Energie tätigen und die erforderlichen Netze bauen.


Herr Eder, wenn Sie das Zepter an Herrn Eibensteiner übergeben haben, ziehen Sie in den Aufsichtsrat ein, um dort einmal den jetzigen Vorsitzenden abzulösen. Dieser Plan wird außerhalb des Konzerns von manchen kritisch gesehen. Warum tun Sie es trotzdem?

Eder: Erstens: Vorausgesetzt, unsere Aktionäre befürworten das. Zweitens: Im anglo- amerikanischen Raum und in der Schweiz, aber auch in Deutschland, ist das zuneh- mend der Standard. Warum es in Österreich so ungewöhnlich sein soll, weiß ich nicht. International vorherrschende Meinung ist heute, dass der Wechsel in den Aufsichtsrat gerade bei einem gut aufgestellten Unternehmen eine innere Logik hat. Und es geschieht ja nichts außerhalb des Gesetzes oder gar gegen das Gesetz. Es ist ein recht- lich klar geregelter Vorgang mit einer sogenannten Cooling-off-Periode als Aufsichts- ratsmitglied, bevor man den Vorsitz übernehmen darf.


Viel Aufregung um nichts?

Eder: Es ist ganz einfach: Ich bin vom Vorsitzenden und anderen Aufsichtsratsmitglie- dern gefragt worden, ob ich mir das vorstellen kann, und ich habe nach einer Nach- denkphase gesagt: ja, kann ich. Wichtig dabei ist, dass es mir nicht schwerfallen wird, mich aus dem operativen Geschäft von einem Tag auf den anderen zurückzuziehen, wie ich es ja schon bei der Übergabe der Steel Division an Herbert Eibensteiner ge- zeigt und geübt habe. Sollte es da in der Hauptversammlung sachlich begründete, massive Widerstände geben, würde ich es nicht machen. Es ist ja grundsätzlich nicht so, dass mir dann langweilig wird.


Sie haben einmal gesagt, der Tag, als die voestalpine am 31. August 2005 zu 100 % privatisiert war, war der schönste Tag in ihren 41 Jahren bei der voestalpine. Bleiben Sie dabei?

Eder: Ja! Unbestritten.


Es gab keinen schöneren?

Eder: Nein. Ich werde diesen 31. August nie vergessen, das ist und bleibt in meinem Berufsleben der schönste Tag. Es kann sich ja heute niemand mehr vorstellen, was es heißt, unter permanenter Kuratel eines politischen Eigentümers zu stehen. Es gab aber noch ein paar fast so schöne Tage. Wie 1995 die Wochen des Börsegangs, die ich nicht missen möchte, und auch die zwei Wochen der Entscheidung über die BÖHLER- UDDEHOLM-Akquisition 2007 waren eine extrem spannende Zeit. Die Zeit rund um Lehman Brothers ab 2008 war eine Erfahrung, deren Ausgang ich mir so positiv, wie es letztlich gelaufen ist, lange nicht vorstellen konnte. Wie wir das gemeistert haben, mit den Beschäftigten und dem Betriebsrat, das hat mir Freude und vor allem Respekt vor diesem gemeinsamen Bemühen aller bereitet. In schwierigen Zeiten hat unser Unternehmen immer bewiesen, dass es schneller und effektiver reagieren kann als unsere Konkurrenten.


Herr Eibensteiner, das Schlusswort gehört Ihnen. Haben Sie zum Start vielleicht eine Botschaft für die Mitarbeiter?

Eibensteiner: Für die bevorstehenden dynamischen Zeiten wünsche ich mir von den Mitarbeitern Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und den unbändigen Willen zum Erfolg. Es ist genau diese Gewinnermentalität, die uns so auszeichnet, besonders in schwieri- gen Zeiten. Das Entscheidende für mich sind also Anpassungsfähigkeit und Gewinnermentalität.


Und woran wollen Sie gemessen werden?

Eibensteiner: Vorstände werden meist am Erfolg gemessen.

Wir bieten viele Arbeitszeitmodelle an, um junge Menschen für uns zu interessieren, um Ältere zu halten und damit Frauen Kinder und Beruf vereinen können.

Was immer passiert, die Märkte bleiben interessant für uns. Die Welt ist nicht kleiner geworden, sie bietet viele neue Möglichkeiten.

Am 31. August 2005 war die voestalpine zur Gänze privatisiert. Das ist und bleibt, in meinem Berufsleben, der schönste Tag.