Das geheimnisvolle Projekt „Minerva“ rund um die Privatisierung
Es war im Frühsommer 2003 und der Plan – von zumindest Teilen der damaligen Regierung – überzeugend einfach: In einem letzten Privatisierungsschritt wollte die Republik ihre noch verbliebenen 34 % an der voestalpine an einen strategischen Investor übertragen. Die Stahlqualität war exzellent, das junge Segment Automotive Body Parts entwickelte sich erfreulich und auch der Eisenbahnbereich bereitete Freude. Die Braut war geschmückt, doch es sollte anders kommen.
Der Zufall wollte es, dass in einem Flugzeug einer dem anderen über die Schulter geschaut hat. Was er dabei gesehen hat, löste in Verbindung mit Gerüchten „aus der Kantgasse“, dem damaligen Sitz der ÖIAG, eine kaum vorhersehbare Kettenreaktion aus. Ein Konzept, wie die voestalpine abschließend privatisiert und filetiert werden sollte, der Geheimplan „Minerva“, erblickte so das Licht der Öffentlichkeit. Frank Stronachs Magna wollte die voestalpine-Anteile erwerben, um von der Hightechstahl- produktion über die Automotive Body Parts bis hin zum Zugang zur europäischen Automobilindustrie alles von strategischem Interesse in den eigenen Konzern zu bekommen. Der Rest sollte abgestoßen werden.
Blitzartig machten die wildesten Geschichten die Runde. Alle Betriebe in der Steier- mark sollten in eine steirische Landesholding wandern, an der das Land und lokale Investoren die Anteile gehalten hätten. Industrielle, Wirtschaftstreibende und Finanz- institutionen sollen ihre Finger im Spiel gehabt haben; böse Zungen behaupten, weil zu den Filetstücken auch eine schöne Eigenjagd gehört hat.
Die Medien überschlugen sich, die Politik rotierte. In Oberösterreich standen Wahlen vor der Tür, die einen waren über das Chaos erfreut, sahen schon „die Russen“ als neue voestalpine-Herren, die anderen verfluchten es. Die einen schürten die Gerüchte, andere wurden am falschen Fuß erwischt, wieder andere bekamen nasse Füße.
Es wurde dramatisiert, beruhigt, überzeichnet. Wer wie mit wem wann was tatsächlich geplant und ausgeheckt hat? Vieles ist bekannt, manches wird vielleicht nie bekannt (gemacht) werden.
Nach einer Woche Chaos zog der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Reißleine und verordnete die 100 %ige Privatisierung über die Börse. Mit der Raiffei- senlandesbank Oberösterreich, der Oberbank und der Mitarbeiterstiftung gab es ja bereits drei verlässliche Kernaktionäre. Bedingt durch die Komplexität der Abwicklung dauerte es bis zum 31. August 2005, bis die voestalpine zu 100 % privat und dennoch gut abgesichert weiterhin ein österreichischer Konzern war. Besser hätte es nach so viel Aufregung eigentlich nicht kommen können. Wie der Zufall so spielt.
Die 3 wichtigsten Schritte zur Privatisierung
Die nach dem Start der Privatisierung 1995 noch in Staatshand verbliebenen Anteile des Staates, der ÖIAG, an der voestalpine sollten an einen Investor verkauft werden.
Zufällig erblickte ein Konzept das Licht der Welt, das die teilweise Zerschlagung der voestalpine zum Inhalt hatte. Ein Aufschrei ging durchs Land. Chaos war die Folge.
Die Politik zog die Reißleine, auch weil Oberösterreich vor Landtagswahlen gestanden hat. Die restliche Privatisie- rung erfolgte über die Börse und hat drei Kernaktionäre gebracht.